3.Platz der Gruppe der 12 bis 13-jährigen Jungautoren
Liebe ist wie ein Fluss,
dem man einfach folgen muss.
Sie ist nicht gewählt,
aber nichts anderes zählt.
Lilli stand suchend vor ihrem großen weißen Kleiderschrank und überlegte, was sie mit nach Pfauenstein nehmen sollte. Das würden sicher die langweiligsten Ferien ihres Lebens werden. Was hatten sich ihre Eltern dabei überhaupt gedacht sie sechs Wochen lang für Nachhilfe nach Pfauenstein zu schicken? Kurz darauf hupte das Taxi schon wieder, sodass sie sich nur alles schnappte und es in ihren pinken Koffer warf. Dann huschte sie noch schnell ins Bad und füllte ihr Beauty-Case mit dem Nötigsten und lief zum Taxi, das sie zum Flughafen bringen sollte. Sie stieg ein und setze sich auf die bequeme Rückbank. Die Fahrt dauerte zwar nicht lange, aber sie war spät dran, sodass sie, am Flughafen angekommen, gerade noch einchecken konnte und dann zum Flugzeug rennen musste. Nachdem sie eingestiegen war, bekam sie gleich eine kalte Cola serviert. Trotzdem fiel sie danach sofort in ihren Sessel und schlief ein. Plötzlich schreckte sie hoch und erfuhr gerade noch, dass sie jetzt zur Landung ansetzen würden. Nachdem Lilli schnell ihr Make-up aufgefrischt hatte, konnte sie schon aussteigen. Als sie geistesabwesend ihren Blick über die Wartenden schweifen ließ, fiel ihr ein großer Junge mit meerblauen Augen auf und ihr Herz begann aus irgendeinem Grund zu rasen. So ein komisches Gefühl hatte sie noch nie gehabt, aber sie hatte dafür auch jetzt keine Zeit, da sie ein Schild mit ihrem Namen suchen musste. Die Person, die sie abholen würde, sollte es als Erkennungsmerkmal dabeihaben. Leider konnte sie, so viel sie auch suchte, ein solches Schild nirgends entdecken. Schließlich hockte sie sich in eine Ecke und begann leise zu schluchzen. Ein paar Augenblicke später drang eine leise Stimme an ihr Ohr und fragte mitfühlend: „Was ist los? Warum weinst du?“
Zuerst wollte sie die Person anschnauzen, doch dann sah sie, wer vor ihr stand und wieder war es als würden tausende Schmetterlinge wie wild in ihrem Bauch umherflattern. So brachte sie nur stotternd hervor: „Mein Name ist Lilli. Ich sollte hier abgeholt werden, doch es ist niemand gekommen.“
„Warte mal“, erwiderte er daraufhin nachdenklich „Ich muss hier eine gewisse Lilli Mariental abholen. Bist du das vielleicht?“
„Ja“, lächelte sie erleichtert und fiel ihm spontan um den Hals, was ihr danach extrem peinlich vorkam. Aber er ignorierte es einfach, lächelte zurück und nahm ihren Koffer, um ihn zu einem in der Nähe wartenden Taxi zu tragen. Lilli versuchte mit ihm Schritt zu halten, was ihr allerdings nicht so gut gelang, weil er so schnell lief. Mit hochrotem Kopf kam sie etwas später am Taxi an und wurde noch etwas röter als der Junge, dessen Name sie immer noch nicht wusste, sie so sah.
Die Fahrt dauerte eine Weile, doch schließlich waren sie da. Der Junge, der sich ihr inzwischen als Paul vorgestellt hatte, wohnte mit seiner Mutter in einer winzigen Wohnung am Rand von Pfauenstein. Lilli würde Pauls Zimmer bekommen und Paul würde mit in dem Zimmer seiner Mutter schlafen.
Sogleich begann sie mit dem Auspacken und es machte sie total nervös, dass Paul hinter ihr stand und ihr über die Schulter blickte. Da kam ihr ein Gedanke und sie stockte. Konnte es sein, dass sie möglicherweise in ihn verliebt war? Nein, das konnte nicht sein, oder vielleicht doch? Jedes Mal, wenn er in ihrer Nähe war, fühlte sie sich glücklich, aber auch total nervös, weil sie ja keinen Fehler machen wollte. Das war eindeutig Liebe! Doch wie sollte sie ihm das erklären? Sie würde bestimmt etwas falsch machen und er würde sie auslachen, nein das war keine gute Idee. Sie beschloss, es geheim zu halten und nur etwas zu sagen, wenn sie erfahren würde, dass er auch in sie verliebt war. Davon ging sie aber nicht aus und so würde es ihr Geheimnis bleiben.
Nun widmete sie sich wieder dem Auspacken und war kurz darauf fertig. Paul lächelte sie an und meinte in einem geschäftsmäßigen Ton: „So Lilli, ich denke es ist Zeit für die erste Nachhilfeeinheit in Physik. Deine Eltern haben mir schon erzählt, wo deine Schwächen liegen, aber ich will mir selbst ein Bild davon machen. Deshalb schreibst du jetzt einen Test und danach sehen wir weiter.“
Lilli, die vorher noch fröhlich gewesen war, senkte jetzt traurig den Kopf. Paul musste sie für den letzten Idioten halten! Warum musste sie auch ausgerechnet bei ihm Nachhilfe haben, wo sie doch in ihn verliebt war?
Im Test kurz darauf war sie total unkonzentriert und beantwortete jede einzelne Frage falsch. Paul hatte es also leicht ihren Test zu korrigieren und war in Windeseile fertig. Als er vom Blatt aufsah, schaute er sie durchdringend an und fragte: „Was ist mit dir los? Deine Eltern haben mir zwar erklärt, dass du einige schwerwiegende Probleme hast, aber das hier kann nicht sein. Warum hast du alles falsch gemacht? Ich will die Wahrheit wissen, und nur die Wahrheit!“
Lilli wurde mit einem Mal kreidebleich und war kurz davor, ohnmächtig zu werden. Schnell wägte sie ihre Möglichkeiten ab. Sollte sie ihm wirklich den Schlüssel zum Tor ihres Herzens und damit Zutritt zu ihrer gesamten verwirrenden Gefühlswelt geben? Sie wusste es einfach nicht! Doch wenn sie jemals wieder glücklich werden wollte, musste sie jetzt die Wahrheit sagen.
Schüchtern flüsterte sie: „Ich liebe dich!“
Doch er antwortete nicht, sondern küsste sie sanft mitten auf den Mund und lächelte sie zärtlich an, sodass ihr ganz warm uns Herz wurde. Sie hatte auf jeden Fall die richtige Entscheidung getroffen, denn besser hätte sie es sich nicht einmal erträumen können. Sie wollte ihn festhalten, nie mehr loslassen und mit ihm durch das weite Land der Liebe reisen. Drei Sätze hatten sich in ihrem Gedächtnis eingebrannt: Ego te amo. I love you. Ich liebe dich. von Miriam Antje König (13)